29. Juni 2023 von Vera Franz
Am 31.05.2023 ist das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) im Bundesgesetzblatt verkündet worden. Hiernach müssen Unternehmen ab 250 Beschäftigten ab 02.07.2023 eine sog. interne Meldestelle für Hinweisgeber einrichten. Ab dem 17.12.2023 müssen dann alle Unternehmen ab 50 Beschäftigten die Regelungen umsetzen.
Viele Unternehmen und öffentliche Stellen sind nun dabei, die erforderlichen internen Meldestellen zu planen.
Das Hinweisgeberschutzgesetz soll den Schutz natürlicher Personen, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben, regeln.
Der Weg zu dem neuen Gesetz war lang und steinig. Bereits im Dezember 2019 ist die sog. „Whistleblower-Richtlinie“ (Richtlinie (EU) 2019/1937 des europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden) in Kraft getreten. Die EU-Mitgliedstaaten hätten die dort enthaltenen Vorgaben bis zum 17.12.2021 in nationales Recht umsetzen müssen. Dies ist in Deutschland nicht erfolgt, daher leitete die EU-Kommission im Februar 2022 ein Vertragsverletzungsverfahren ein.
Das Justizministerium legte zwar bereits Ende 2020 einen ersten Entwurf für das Gesetz vor, dieser wurde allerdings von der damaligen Regierung zurückgewiesen, da die Richtlinie überschießend umgesetzt werden sollte.
Erst 2022 nahm die Gesetzgebung wieder Fahrt auf und nach diversen Anpassungen und Kompromissen wurde das Gesetz nunmehr endlich verabschiedet.
Der sachliche Anwendungsbereich des Gesetzes bezieht sich auf die Meldung und Offenlegung von Verstößen, die straf- oder bußgeldbewährt sind, soweit die verletzte Vorschrift zum Schutz von Leben, Leib und Gesundheit oder dem Schutz der Rechte der Beschäftigten dient. Zudem bezieht es sich auf Verstöße gegen andere explizit aufgelistete Rechtsvorschriften wie der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, Produkt- und Verkehrssicherheit, dem Verbraucherschutzrecht, Verstößen gegen die DSGVO usw.
Hinweisgeber können ihre beabsichtigte Meldung entweder an die interne Meldestelle, aber auch an eine externe Meldestelle (wie die externe Meldestelle des Bundes) geben. Hier besteht ausdrücklich kein Vorrang, zuerst eine interne Meldung zu versuchen. Allerdings sollten Unternehmen, die ohnehin eine interne Meldestelle einrichten müssen, hierin eine Chance und die Einrichtung der Meldestelle nicht nur als zwingend notwendiges Übel sehen. Wenn Meldungen intern eingehen, besteht eine deutlich größere Chance, die gemeldeten Missstände zu lösen, ohne dass die Außenwelt Kenntnis von internen Problemen erlangt. Denn: wenn der Hinweisgeber geschützt wird und ohne Sanktion seine Hinweise geben kann, verzichtet er erfahrungsgemäß eher auch auf eine Kontaktaufnahme bei der Staatsanwaltschaft oder der Presse, was dem Unternehmen deutlich größere Unannehmlichkeiten bereiten wird.
Die Meldestellen müssen selbstverständlich vertraulich mit der Identität der hinweisgebenden Person und der Person, die Gegenstand der Meldung ist und ggf. sonstiger Personen, die in der Meldung genannt sind, umgehen.
Eine Möglichkeit einer anonymen Meldung und deren Verfolgung ist im Gesetz nicht verpflichtend vorgesehen. Diese Möglichkeit einzuräumen, ist jedoch zu empfehlen, da bei einer anonymen Meldung erfahrungsgemäß eine größere Anzahl an Meldungen eingeht, was es dann wiederum ermöglicht, früh und proaktiv tätig zu werden.
Wir sind sogar der Ansicht, dass anonyme Meldungen für Unternehmen die wichtigsten Meldungen sind, da hiermit auch scheue Hinweisgeber erreicht werden können. Wenn diese Hinweisgeber dafür gewonnen werden können, Meldungen über brisante Themen intern abzugeben (anstatt sich aus Angst vor Preisgabe der Identität direkt an eine externe Meldestelle oder sogar die Presse wenden) profitiert davon in erster Linie Ihr Unternehmen.
Eingerichtet werden kann die interne Meldestelle entweder beim Unternehmen selbst durch eine (oder mehrere) dort beschäftigte Person(en) (interne Case-Manager) oder durch einen Dritten (sog. Ombudsperson). Letztlich ist die Entscheidung für eine eigene interne Meldestelle oder eine ausgelagerte interne Meldestelle Geschmacksache. Beachten Sie aber: alle mit der Funktion der Meldestelle betrauten Personen sind nach § 15 Abs. 2 HinSchG für ihre Aufgaben regelmäßig zu schulen. Hier empfiehlt es sich auf die Expertise von Spezialisten zurückzugreifen. Dienstleister sind auch deshalb zu empfehlen, weil alle Personen, die mit dem Betrieb der Meldestelle beauftragt sind, bei der Ausübung der Tätigkeit unabhängig sein müssen – dies lässt sich innerhalb eines Unternehmens nur schwer bewerkstelligen. Zudem filtert die ausgelagerte Meldestelle aufgrund der Erfahrungen in diesem Bereich „Quatsch-Meldungen“ zuverlässiger.
Die internen Meldekanäle müssen Meldungen in mündlicher Form oder in Textform ermöglichen. Es sind selbstverständlich beide Kanäle möglich, einer ist aber auch ausreichend. Aus Dokumentationsgründen empfehlen wir daher, auf einen telefonischen Meldekanal zu verzichten.
Das Vorgehen, sobald eine Meldung eingeht, ist nicht zu unterschätzen, da die interne Meldestelle, den Eingang der Meldung der hinweisgebenden Person nach spätestens sieben Tagen bestätigen muss und prüft, ob der gemeldete Verstoß in den sachlichen Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes nach § 2 fällt. Diese Beurteilung allein ist schon alles andere als trivial. Hält die interne Meldestelle mit der hinweisgebenden Person Kontakt, prüft sie die Stichhaltigkeit der eingegangenen Meldung, ersucht die hinweisgebende Person ggf. um weitere Informationen und ergreift angemessene Folgemaßnahmen.
Zudem muss die Meldestelle dem Hinweisgeber innerhalb von drei Monaten nach Eingangsbestätigung Rückmeldung über seine Meldung geben. Dabei sind die geplanten und ergriffenen Folgemaßnahmen mitzuteilen, sofern dadurch die Nachforschungen und die Rechte der Person, die Gegenstand der Meldung ist, nicht beeinträchtigt werden. Dies kann z.B. die Einleitung interner Compliance-Untersuchungen sein oder die Weiterleitung einer Meldung an eine zuständige Behörde.
Das Hinweisgeberschutzgesetz dient, wie der Name unschwer erkennen lässt, dem Schutz des Hinweisgebers. Daher enthält es zu dessen Schutz eine Beweislastumkehr.
Wird ein Whistleblower im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit benachteiligt, so wird vermutet, dass diese Benachteiligung eine Repressalie ist, wenn der Hinweisgeber geltend macht, dass diese Benachteiligung aufgrund seines Hinweises erfolgt ist. So kann z.B. die Nichtberücksichtigung bei einer Beförderung, bei einer Versetzung oder die Nicht-Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses als Repressalie gewertet werden. Dann muss der Arbeitgeber beweisen, dass die Nichtberücksichtigung gerade keine Benachteiligung des Whistleblowers wegen einer von ihm eingereichten Meldung war. Gelingt dieser Beweis nicht, drohen Schadensersatzansprüche und Bußgelder.
Zudem sieht das Hinweisgeberschutzgesetz eine Sanktionierung durch Bußgelder vor. Verstöße gegen die Vertraulichkeit werden mit Bußgeldern bis EUR 50.000,00 sanktioniert, wird die Einrichtung interner Meldekanäle versäumt, droht ein Bußgeld bis EUR 20.000,00.
Sollten Sie hier also bislang nicht tätig geworden sein, besteht dringender Handlungsbedarf.
Gerne wenden Sie sich bei Fragen an uns. Wir informieren Sie gerne über unser sicheres und anonymes Hinweisgebersystem und erstellen Ihnen ein Angebot.