Datenschutz-Blog der SDG

Zur Mischnutzung von betrieblichen E-Mail-Postfächern

22. August 2023 von Julian Halbhuber

Das Urteil des LAG Baden-Württemberg

Mit der Entscheidung des LAG Baden-Württemberg vom 27.01.2023 (12 Sa 56/21) wurde ein Urteil veröffentlicht, welches aus datenschutzrechtlicher Sicht gerade für Arbeitgeber von Bedeutung ist. Darin wurde festgestellt, dass:

  1. im Fall der Gestattung der Privatnutzung eines dienstlichen E-Mail-Accounts die verdachtsunabhängige, verdeckte Einsichtnahme in die versandten Mails grundsätzlich einen Verstoß gegen Datenschutzrecht darstellt.
  2. Eine somit rechtswidrig erfolgte Einsichtnahme zu einem gerichtlichen Verwertungsverbot der gewonnenen Erkenntnisse führen kann.
  3. Gleiches gilt auch bezüglich versandter Nachrichten eines dienstlichen Mobiltelefons, für welches die private Nutzung gestattet ist.

Im entschiedenen Fall ging es um einen Arbeitnehmer, welcher sich gerichtlich gegen eine, ihm gegenüber ausgesprochene, Kündigung gewandt hatte. Der Arbeitgeber wollte sich dabei auf Informationen stützen, welche durch Einsicht in das E-Mail-Postfach des Arbeitnehmers, sowie mit einem betrieblichen Mobiltelefon versandte Nachrichten, erlangt worden waren.

Dabei sprach das LAG zunächst aus, dass ein Sachvortragsverwertungsverbot sich aus der Verletzung des verfassungsrechtlich verbürgten allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 I GG iVm 1 I GG) ergeben kann. Rechtsdogmatisch wird das Verwertungsverbot hiernach auf dem Weg verfassungskonformer Auslegung des Prozessrechts abgeleitet. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt unter anderem das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Nach Ansicht des Gerichts wird dieses durch datenschutzrechtliche Bestimmungen, namentlich im BDSG, konkretisiert.

Das Gericht bezieht sich dabei im gegebenen Fall auf § 26 I 1 BDSG, welcher richtigerweise mit der neueren Rechtsprechung des EuGH als nicht mehr anwendbar zu bewerten ist (EuGH C-34/21). Da jedoch in der DSGVO vollwertiger funktionaler Ersatz für diese Vorschrift zu finden ist, ist von der wesentlichen Übertragbarkeit des hier behandelten Urteils auch auf die gegenwärtige Rechtslage auszugehen.

In Bezug auf den dienstlichen E-Mail-Verkehr meint das LAG, dass dieser im Hinblick auf seine Förmlichkeit irgendwo zwischen Geschäftsbrief und Telefonat zu verorten sei, weshalb auch im geschäftlichen Austausch häufig ein Mindestmaß an privaten Elementen erwartet werden könne. Ferner sei eine betriebliche Mischnutzung generell auch weit verbreitet. Insoweit spricht es sich dafür aus, dass sofern die private Nutzung des E-Mail-Accounts nicht untersagt wurde, regelmäßig an eine Gestattung zu denken sei.

Fazit

Das Urteil des LAG zeigt, dass bei der Benutzung dienstlicher Kommunikationsmittel durch Mitarbeiter Vorsicht geboten ist. Um den Zugriff, sowie im Zweifel die gerichtliche Verwertbarkeit der betrieblichen Kommunikation zu gewährleisten, ist es regelmäßig ratsam die private Nutzung ausdrücklich zu untersagen. Darauf, diese lediglich nicht explizit gestattet zu haben, kann sich dabei nicht verlassen werden. Im Falle einer demnach unwirksamen Kündigung können auf den Arbeitgeber sonst über Monate anfallende Entgeltzahlungen zukommen, für die praktisch kein Gegenwert erbracht wurde. Bei Kündigungsschutzklagen kann dabei ein Verwertungsverbot von Nachrichten, mit denen der Kündigungsgrund dargelegt werden soll, den maßgeblichen Unterschied machen.

Weiter erweist sich das Grundrecht des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als Einfallstor des Datenschutzrechts in die weitere Rechtsordnung. Insoweit durch gesetzliche Datenschutzbestimmungen Konturen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung gezeichnet werden, entfalten diese beachtliche Wirkung, auch über den sonst üblichen Fokus auf die aufsichtsbehördliche Praxis hinaus.